Pressestimmen

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Ausgabe April 1999

Con motto molto furioso
Manchmal wäre ich als Kritiker froh, ich hätte wie Kaiser Josef II in Peter Shaffers Stück einen Kämmerer, der mir nicht nur sagt, was ich von etwas halten soll, sondern auch gleich noch die Worte dazu liefert, wie ich es sagen soll. Und manchmal geht es mir wie Amadeus. Alles ist bereits im Kopf, es muss nur noch aufgeschrieben werden. Der Abend bei der Dorfbühne in der Weltstadt war in jeder Beziehung ein Mozartabend, oder anders gesagt: Kleintheater ganz gross.

Introduzione. Andante e molto prezioso — Ein Stuhl in einem schmalen Lichtkegel auf einer mehrheitlich schwarzen Bühne. Umso mehr Farbe zaubern aber die fantasievollen Kostüme — insbesondere die Hüte —, welche auf witzige Art die Schwülstigkeit der Zeit persiflieren und dabei erst noch zeitgemäss wirken, und vorallem auch das Spiel der Protagonisten auf die Bühne. Mit einigen wenigen Mitteln, einem Vorhang hier, einem Stuhl dort und einer präzisen Lichtführung leitet die Gruppe durch die zahlreichen Spielorte des Stückes.

Intermezzi. Amabile con brio — Das Bühnenbild ist in seiner Schlichtheit nicht nur schön, sondern auch sehr funktionell. Auch die Übergänge sind wie aus einem Guss, nie störend oder den Spielfluss aufhaltend. Jeder Handgriff sitzt und man merkt, dass hier eine Gruppe am Werk ist, bei der alle mitdenken und sich niemand für eine Aufgabe zu schade ist. Mani Hildebrand integriert mit seiner äusserst präzisen Führung selbst ´BühnenarbeiterInnenª ins Stück und holt aus allen ein Optimum heraus.

Rondo assai vivace — Trotz der eben erwähnten absolut tollen Ensembleleistung, welche für einmal sogar die verwendete deutsche Sprache umfasst, sei es mir hier erlaubt, einige speziell zu erwähnen. Vorab den Darsteller des Salieri, der seine schwierige Rolle ohne Starallüren mit Bravour meistert und insbesondere die diversen Alterswechsel sehr glaubhaft über die Rampe bringt. Mit einem Handikap hat Amadeus zu kämpfen. Ich bin überzeugt, dass viele im Publikum das Gefühl haben, hier werde die Darstellung eines Tom Hulce im Film zu kopieren versucht, ohne zu wissen, dass das Stück zuerst da war und Shaffer die Figur inklusive dem schrillen Lachen so beschrieben hat. Und so liefert auch er, wie seine Stanzerl eine eigenständige und äusserst glaubhafte Interpretation ihrer Figuren, welche eine tiefe Referenz des Hofkritikers verdienen. Eine Referenz, die ohne Ausnahme auch den übrigen Beteiligten gilt.

Finale Grande. Allegretto — Selbst trotz der zahlreichen Striche verlangt das Stück vom Publikum noch einiges, oder um es im Stil von Kaiser Josef zu sagen: Manchmal hat es fast zu viele Worte. Doch dank den Leistungen sämtlicher Beteiligter wirkt es nie langfädig, sondern fesselnd bis zum Schluss. Da bleibt nur noch eines — Molto Bravo. Da Capo!


Hannes Zaugg-Graf

 

 

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